Raumfahrtjahr
Von der ISS bis zum Merkur
Alexander Gerst wird Kommandant auf der ISS, ein Maulwurf landet auf dem Mars, Aufbruch zum Merkur. Das sind einige der Höhepunkte des Raumfahrtjahrs 2018, das auch durch immer mehr private Initiativen geprägt sein wird. Ein Überblick.
"Astro-Alex": Rückkehr zur ISS
Im April 2018 startet die Raumkapsel Sojus MS-09 vom Weltraumbahnhof Baikonur. Ziel ist die Internationale Raumstation ISS. An Bord wird neben dem russischen Kosmonauten Sergei Prokopjew und der US-Astronautin Jeanette Epps auch Alexander Gerst sein, der seinen zweiten Flug zur International Raumstation ISS antritt. Anders als bei seinem ersten Aufenthalt auf der ISS wird Gerst dieses Mal das Kommando über die Station übertragen.
Eine große Auszeichnung für den 41-Jährigen, der bereits 2014 als Bordingenieur für 165 Tage auf der ISS war. Im Vordergrund stehen jedoch die wissenschaftlichen Ergebnisse, die die Mission bringen soll. "Die für Alexander Gersts Aufenthalt auf der ISS geplanten rund 40 wissenschaftlichen und kommerziellen Experimente sollen uns auch helfen, irdische Probleme zu lösen, vor allem in den Bereichen Medizin, Materialwissenschaften und Robotik", sagt Pascale Ehrenfreund, Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Die große Popularität von Gerst und die große mediale Aufmerksamkeit, die die Blue-Dot-Mission geweckt hatte, will das DLR auch bei der Horizons-Mission nutzen. "Natürlich wird der Flug auch dazu beitragen, die Wissenschaft im Allgemeinen und die Raumfahrt im Besonderen in den Fokus der deutschen Öffentlichkeit zu bringen sowie den Nachwuchs für Technik und Wissenschaft zu begeistern", so Ehrenfreund.
Neben den bewährten Sojus-Kapseln der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos sollen erstmals seit 2011 auch wieder amerikanische Raumkapseln die ISS erreichen. Zwei Firmen haben hierfür Verträge aus einem NASA-Förderprogramm gewonnen: SpaceX und Boeing. Im Jahr 2018 hoffen beiden Firmen auf erfolgreiche Testflüge ihrer Raumkapseln Dragon 2 bzw. CST-100. Dies wäre der erste bemannte Weltraumstart der USA seit dem Ausmustern des Space Shuttles 2011.
Neue Mondflüge
Kurz vor dem 50. Jubiläum der ersten Mondlandung steht der Erdtrabant 2018 wieder im Fokus. Bereits 2013 war der chinesischen Raumfahrtagentur CNSA mit dem Roboter Chang'e-3 die erste sanfte Mondlandung seit den 70er-Jahren gelungen. Die Schwester-Sonde Chang'e-4 war zunächst nur als Backup gebaut worden. Nun soll sie eine prestigeträchtige Mission erfüllen: die erste Landung überhaupt auf der Rückseite des Mondes, für die eigens ein Kommunikationssatellit hinter dem Mond platziert werden soll. Die Chinesen wollen insbesondere das Südpol-Aitken-Becken erforschen, der größte bekannte Einschlagskrater des Sonnensystems.
Im Jahr 2018 soll sich außerdem der Ausgang des Wettbewerbs "Google Lunar X Prize" entscheiden: Der mit über 20 Millionen US-Dollar dotierte Preis soll an die erste private Gruppe vergeben werden, die einen funktionstüchtigen Roboter auf dem Mond absetzt. Der Stichtag des Wettbewerbs ist wiederholt nach hinten verlegt worden, nachdem keines der über 30 teilnehmenden Teams dem Ziel ausreichend nahe gekommen war.
SpaceX hat angekündigt, noch im Jahr 2018 eine Kapsel mit zwei Astronauten auf eine Umrundung des Mondes zu schicken. Es wäre der erste derartige Flug seit 1971, doch noch hat die dafür vorgesehene Raumkapsel keinen einzigen Testflug absolviert. Dazu DLR-Chefin Pascale Ehrenfreund: "Space X gehört mit zu den Treibern der kommerziellen Raumfahrt. Seit dem ersten Start einer Trägerrakete von Space X im Jahr 2010 hat sich gezeigt, dass das Unternehmen seine Ziele mit großer Zielstrebigkeit verfolgt. Die bisherigen erfolgreichen Aktivitäten haben Space X in kurzer Zeit zu einem marktfähigen Anbieter von Startdienstleistungen gemacht. Insofern wird es interessant sein zu beobachten, wie es Space X gelingt, seine zukünftigen Pläne in die Tat umzusetzen." Das Jahr 2018 könnte wohl auch als das Jahr in die Raumfahrtgeschichte eingehen, in dem die privaten Initiativen richtig Fahrt aufgenommen haben.
Landung eines "Maulwurfs" auf dem Mars
Im Mai 2018 soll sich die NASA-Sonde InSightauf den Weg zum Mars machen. An Bord hat sie einen Lander, der erstmals Messungen unter der Marsoberfläche machen soll, die vor allem dazu dienen, grundlegende geologische Prozesse auf dem roten Planeten zu verstehen. Auch wenn Missionen dieser Art oft als nationale Prestige-Projekte gelten, sind es doch eher globale Kooperationen. Die beiden Hauptinstrumente für InSight werden in Europa entwickelt: ein Seismometer unter Leitung der französischen Raumfahrtagentur CNES und eine Wärmesonde vom DLR. Dessen wissenschaftliches Ziel fasst Tilman Spohn - Forschungsleiter für das Instrument - in einem einfachen Bild zusammen: "Wir wollen den Mars als Wärmekraftmaschine untersuchen - eine Maschine, die geheizt wird und Wärme wieder an die Umgebung abgibt." Seit seiner Entstehung, erklärt Spohn, ist eine große Menge Wärme im Inneren des Mars gespeichert. Zudem wird er durch den Zerfall radioaktiver Elemente aufgeheizt - verliert aber auch ständig Wärme ins All und kühlt dabei ab.
Diesen Wärmefluss soll die Sonde untersuchen. "Wir arbeiten dabei - zum ersten Mal auf einem anderen Planeten - mit einer Art Ramm-Sonde, die sich selbst in den Boden hämmern kann. Sie ist etwa 30 Zentimeter lang und hat einen Durchmesser von drei Zentimetern. Beim Eindringen zieht sie eine Kette von Temperatursensoren hinter sich her. Damit kann die Sonde Temperatur und Wärmeleitung zwischen drei und fünf Metern unter der Oberfläche bestimmen", erklärt Spohn. In diesen Tiefen spielen die tages- und jahreszeitlichen Temperaturschwankungen keine Rolle mehr.
Das Magnetfeld, die geologische Aktivität und sogar die Bildung einer Atmosphäre: vieles, was einen Planeten ausmacht, hängt mit dem Wärmefluss aus seinem Inneren zusammen. Im Vergleich zur Erde ist der Mars eine einfachere Wärmekraftmaschine - aber wie so oft, lässt sich ein komplexes System besser verstehen, wenn man ein einfaches Beispiel studiert", sagt Spohn.
Aufbruch zum Merkur
Im Oktober 2018 startet die ESA-Mission BepiColombo zum sonnennächsten Planeten Merkur, über den die Wissenschaftler noch vergleichsweise wenig wissen. Es ist erst die dritte Mission überhaupt, die den kleinsten Planeten unseres Sonnensystems ins Visier nimmt. Mit ihrer Ankunft am Merkur im Jahr 2025 soll sich BepiColombo in zwei Raumsonden aufteilen, die den Planeten auf unterschiedlichen Umlaufbahnen umkreisen.
Eine der Sonden soll die Planetenoberfläche genau kartieren, die andere das schwache Magnetfeld des Merkur vermessen. Ein Laser-Höhenmesser und eine Infrarot-Kamera, mit denen vor allem aufgeklärt werden soll, ob Merkur geologisch aktiv ist, wurden am DLR entwickelt.
Die Reise zu Asteroiden - mit Rückflugticket
Gleich zwei Raumsonden, die schon eine mehrjährige Reise hinter sich haben, sollen 2018 Asteroiden erreichen, um Proben zu nehmen und sie zur Erde zurückzuschicken. Die NASA-Sonde OSIRIS-REx hat den Asteroiden "Bennu" zum Ziel, die japanische Hayabusa2 den Asteroiden "Ryugyu". Hayabusa2 soll dabei auch den kleinen DLR-Landeroboter MASCOT absetzen. Zwischen 2020 und 2023 sollen beide Sonden ihre Proben zur Erde zurückbringen.
Weit draußen im Sonnensystem steuert die NASA-Sonde New Horizons ein neues Ziel an. Nach ihrem spektakulären Vorbeiflug am Zwergplaneten Pluto im Juli 2015 soll sie zum Jahreswechsel 2018/19 einen eisigen Himmelskörper mit dem sperrigen Namen 2014 MU69 passieren. Es ist das erste Objekt aus dem Kuiper-Gürtel am Rand des Sonnensystems, das aus der Nähe betrachtet wird.
Die Mission der NASA-Raumsonde Dawn wird 2018 nach elf Jahren im All enden. Sie umkreiste erstmals zwei fremde Himmelkörper nacheinander: den Asteroiden Vesta und den Zwergplaneten Ceres. Dawns Nahaufnahmen von auffällig hellen Flecken auf Ceres sorgten 2015 für Aufsehen. Sie stellten sich als Salzablagerungen heraus, die durch Asteroiden-Einschläge freigelegt worden waren. Seitdem umkreist die Sonde den Zwergplaneten. Geplant ist, sie in einen stabilen Friedhofsorbit zu überführen und abzuschalten.
Neben der Erforschung unseres Sonnensystems wird auch die Erforschung von Planeten, die um andere Sterne kreisen - sogenannte Exoplaneten - 2018 einen neuen Schub bekommen. Dank immer besserer Messgeräte sind fast alle der inzwischen knapp viertausend bekannten Exoplaneten in den vergangenen zehn Jahren entdeckt worden. Mit dem Weltraumteleskop CHEOPS der ESA, das im Dezember starten soll, können bereits bekannte Exoplaneten-Systeme mit größerer Genauigkeit vermessen werden.
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